Der Streit um Formosus. Traktate des Auxilius und weitere Schriften, hg. von Grabowsky, Annette, Wiesbaden 2021 ( = Monumenta Germaniae Historica - Quellen zur Geistesgeschichte des Mittelalters, 32) CCCLXII, 404 Seiten, 1 Abb., 7 Tabellen
Nur wenige Monate nach seinem Tod wurde Papst Formosus (891–896) exhumiert, auf einen Thron gesetzt und unter seinem zweiten Nachfolger Stephan IV. auf der sog. „Leichensynode“ abgeurteilt. Auf dieser Synode wurden auch von Formosus gespendeten Weihen für ungültig erklärt. Der Widerstand dieser, unter Papst Sergius III. (904–911) verfolgten Kleriker, fand seinen literarischen Niederschlag in Streitschriften, die in der Mehrzahl von einem süditalienischen Kleriker namens Auxilius verfasst wurden. Seine Texte führen in immer neuer Zusammenstellung und unter Nutzung verschiedener literarischer Formen kirchenrechtliche Argumente für die Verteidigung des Formosus und der von ihm gespendeten Weihen. Es handelt sich um Texte, die für die Zeit um 900 von Bedeutung sind, eine Zeit in der eine zunehmende Insitutionalisierung des Papsttum auftritt.
In der vorliegenden Edition findet sich erstmals der vollständigen kritischen Text aller Traktate des Auxilius sowie einige andere Schriftstücke, die aus demselben Entstehungs- und Überlieferungskontext stammen. Sie bietet zudem eine Zusammenschau der Quellen und Vorlagen und beleuchtet so die Rechtskenntnis in der Gegend von Neapel an der Wende zum 10. Jahrhundert. Darüber hinaus werden erstmalig auch die Verflechtungen der einzelnen Traktate und die Entwicklung der Argumentation sichtbar gemacht. So wird nicht nur deutlich, wie die Zeitgenossen den Streit um Formosus ausgetragen haben, sondern auch die im Entstehen befindliche Gattung der Streitschrift wird genauer betrachtet, die im Zeitalter des Investiturstreits einen Höhepunkt erleben sollte (vgl. die Webseite des Verlags).